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Ein Bericht aus der "Auto-Motor-Sport Klassik" vom 18. Oktober 2000 (Ausgabe 11/2000) von Norbert Böwing |
Polizei-StundeReportage Polizeiauto-Club Der Marburger Polizei-Motorsport-Club macht Unmögliches wahr: Hier gibt es Fiat 500, Trabis und Enten als Polizeiwagen. Doch neben dies Spaßautos, die nie im wirklichen Leben Streife fuhren, haben die Fans um Henner Menche viele originale Grüne Minnas zusammengetragen. Hans-Heinrich Menche ist Polizist aus Überzeugung. Seit 29 Jahren. Und er liebt seinen Beruf. Eines hat ihn allerdings in all den Jahren immer gewurmt: „Da fährst Du jeden Tag mit dem Polizeiwagen und weißt ganz genau, dass dieses Auto eines Tages einfach ausgemustert oder verschrottet wird". Sicher, Polizeiautos werden im rauen Dienstalltag hart rangenommen, aber wie erklärt man der Nachwelt, mit welchen Fahrzeugen die Streifenbesatzungen Gauner, Gangster und Ganoven gejagt haben? Schon einmal hatte „Henner" Menche scheinbar Unmögliches möglich gemacht. Als Mitbegründer des Polizei-Motorsport Clubs Marburg (PMC) sorgte er dafür, dass die vereinseigene Motorrad-Akrobatik-Gruppe bundesweit viel Beachtung fand. Da müsste es doch möglich sein, innerhalb dieses Vereins ein eigenes Polizeiauto-Museum aus der Taufe zu heben. Und weil Menche ein Freund schneller Entscheidungen ist, griffen er und sein Stellvertreter Jürgen Diehl 1991 spontan zu, als ein Autohaus einen zivilen Opel Rekord P1 anbot. Dieser 45-PS-Oldtimer, Baujahr 1958, wurde von den Polizeibeamten in 500 Stunden mühevoller Kleinarbeit zum Polizeiauto umgearbeitet. Dazu musste nicht nur an der Karosse geschweißt, sondern auch Original-Zubehör aus den fünfziger Jahren besorgt werden: Blaulicht, quäkendes Martinshorn und natürlich die damals übliche Lackierung in tannengrün. Schon die Restaurierung des P1 machte klar, dass der Aufbau des
Museums von den Beamten fortan unendlich viel Ausdauer, handwerkliches
Geschick und noch mehr Organisationstalent erfordern würde. „Weil
alle alten Polizeiautos, zumindest bei uns in Hessen, systematisch aus
dem Verkehr gezogen wurden, gibt es keine Original-Einsatzfahrzeuge
mehr. Deshalb sind fast alle Oldies aus dem Bestand des Clubs
nachträglich umgerüstete Zivilfahrzeuge", erklärt Vorsitzender
Menche. Doch er und die rund 20 aktiven Schrauber des Vereins fanden unter Leitung von Hans-Peter Kaletsch in dieser Aufgabe eine echte Herausforderung. Mittlerweile umfasst die bundesweit einzigartige Sammlung nicht nur 15 fahrtüchtige Oldie-Streifenwagen und zwölf ausgesonderte Polizeiwagen neueren Typs, sondern auch 35 Kräder, zehn historische Lastwagen und Sonder-Kraftfahrzeuge. Und in einer eigenen Lagerhalle des Polizei-Motor-Sport-Clubs warten unzählige Karossen darauf, als Polizeiwagen wieder entdeckt zu werden. Natürlich gibt es unter den Einsatz-Fahrzeugen, die auf dem Gelände eines ehemaligen Bundeswehr-Depots untergebracht sind, Autos mit ganz besonderem Charme. Dazu gehört zweifelsohne BMW Isetta 250 aus dem Jahr 1961. „Die Isetta war seinerzeit das k günstigste Fortbewegungsmittel im polizeilichen Ermittlungsdienst und hauptsächlich in ländlichen Diensts eingesetzt. Sie war ideal für Vernehmungsbeamte, die jetzt endlich Platz für Schreibmaschine hatten", beschreib Vorsitzender Menche. Und an keinem anderen Auto lasse sich die Sympathie, die historische Polizeiautos in der Bevölkerung auslösen, so gut ausmachen: „Wen wir mit diesem Fahrzeug irgendwo vorfahren, sind wirklich alle begeistert. Sogar die Verbrecher ...". Ähnlich ist es mit einem 1300er Käfer, Baujahr 1967. Seine robuste Karosse, die spartanische Ausstattung und die einfache Technik machten ihn bundesweit zum weitverbreitesten Dienstwagen der Polizei. Einziger Nachteil in der Praxis: Mussten Täter in diesem Auto abtransportiert werden, war das aufgrund von nur zwei Türen recht umständlich. Natürlich ließ auch der Komfort zu wünschen übrig. Polizeioberkommissar Menche erinnert sich: „Viele Polizeiautos, so auch der VW 1500 Variant, haben uns richtig Probleme gemacht. Sein Spitzname war Kühlschrank. Er hatte, wie alle Streifenwagen damals, keine Standheizung, kein Gebläse und keine heizbare Heckscheibe". Da hatten es die Beamten im Bundesland Bayern schon besser. Denn mit dem BMW 2000, Baujahr 1967, eröffneten sich ihnen gänzlich neue Einsatzmöglichkeiten: 100 PS, Schaltgetriebe, Höchstgeschwindigkeit 168 km/h. So schnell ging den Polizisten jetzt kein Verbrecher mehr durch die Lappen. Ein Vergleich: In Hessen fuhr die Polizei zur gleichen Zeit oft noch mit einem Opel Kadett B, dessen magere 55 PS gerade einmal 130 Kilometer in der Stunde zuließen. Weniger auf Geschwindigkeit, denn auf das Raumangebot kam es bei den Mannschaftswagen an. Auch von diesen Fahrzeugen präsentiert das Museum einige, wie etwa einen Opel Blitz von 1959. Dieses ehemalige Feuerwehrfahrzeug wurde von den
Vorerst aber hat der PMC andere Sorgen. Die bisherige Unterkunft soll in ein richtiges Museum umgewandelt werden. Und die erforderlichen Umbaukosten werden die finanziellen Spielraum für Neuerwerbungen beeinträchtigen. Doch Henner Menche hat schon ganz andere Probleme gelöst
© Norbert Böwing |